Schon kurz nachdem am 1. Mai 2023 das Einschreibeportal für das Kustzeilers 24 Uurs Zeilrace öffnet, sind wir auch schon eingeschrieben. Wir wollen – nach 3 Jahren Pause – endlich wieder teilnehmen. Wir haben Antje, die uns bereits 2019 als Crewmitglied unterstützt hat, auch für dieses Jahr gewinnen können. Außerdem mit von der Partie: Dominik, ein Freund und Kollege von Antje, der nach erfolgreichem Absolvieren des SKS-Scheins zusätzliche Praxiserfahrung sammeln möchte.
Einige Tage vor Beginn des Rennens erhalten wir per Post die Unterlagen für die Regatta: Die Startnummer 360, das Reglement, die Rakkenkarte und den für uns neuen Fotowimpel. Wenn man diesen hisst, erklärt man sich einverstanden, abgelichtet und ggfs. veröffentlicht zu werden.
Was wir in den Unterlagen nicht finden, sind die vielen Aufkleber und das Heft zur Dokumentation der gefahrenen Route und der umrundeten Tonnen. Das läuft inzwischen – wie wir recherchieren – ausschließlich über das Online-Portal. Wir finden das super, denn man muss jetzt nicht mehr angeben, von welcher Seite man die Tonne gerundet hat und das manuelle Aufkleben bei Seegang, Dunkelheit und Müdigkeit, war doch – wie wir bei der letzten 24-Stundenregatta schmerzlich erfahren durften – fehleranfällig, denn wir waren disqualifiziert worden weil wir einen Aufkleber falsch geklebt hatten bzw. wir die falsche Richtung angegeben hatten, obwohl wir korrekt gefahren waren.
Der Starttermin rückt näher und wir schauen täglich nach der Wettervorhersage….Mal heißt es, Dauerregen und Winde von bis zu 20 Knoten, ein anderes Mal heißt es 1-5 Knoten zur Startzeit. Auch in Sachen Windrichtung herrscht keine Einigkeit. Einen Tag vorher – der Wetterbericht sieht nach viel Wind und Regen aus – überlegen wir, ob wir uns das wirklich antun wollen und entscheiden: Wir wollen.
Um am Freitag noch genügend Zeit für die Vorbereitungen zu haben, reisen wir bereits am Donnerstag Abend an und besprechen in geselliger Runde erste Strategien.
Am Freitag wird die Strategiebesprechung vertieft. Wir überlegen, ob bei der nun vorhergesagten Windrichtung Nordwest ggfs. doch ein Start in Enkhuizen Zuid und eine Runde durch das Markermeer Sinn machen würde. Aufgrund der Wasserpflanzenplage im Markermeer entscheiden wir uns dann aber doch für Enkhuizen Noord. Auf der einlaminierten Rakkenkarte und auf einem separaten Zettel zeichnen und notieren wir unsere potenzielle Route und besprechen mögliche Alternativen, je nach dem, wie sich das Wetter und die Windrichtung verändert.
Wir bereiten noch Leckereien für die Nacht zu, ruhen uns noch kurz aus und begeben uns dann in Richtung Startlinie. Das Zeitfenster für Tocht 1, 2 und 3 ist 18:30 – 18:40 Uhr. Kurz vorher muss man noch das Funktionieren der Dreifarbenlaterne am Kontrollposten unter Beweis stellen. Der Start ist immer wieder ein spannender Moment. Das Abschätzen wie weit man sich von der Startlinie noch entfernen darf um keinen Frühstart hinzulegen aber dennoch rechtzeitig die Linie zu passieren. Wir passieren die Startlinie um 18:31 bei ca. 11 Knoten aus Nordwest.
Das Feld der Teilnehmer bewegt sich überwiegend in Richtung Nordost….Immer gut zu wissen, wenn andere auch die eigene Strategie verfolgen…dann hat man doch gleich das Gefühl, nicht alles falsch gemacht zu haben :-). Die Bedingungen sind super, wir sind alle wohlauf und gut gelaunt. Leider müssen wir schon bei unserer ersten Bahn etwas kreuzen. Das war vorab nicht so geplant und könnte rückblickend als erster kleiner Strategiefehler betrachtet werden.
Von der Tonne SB28 geht es dann zurück in südliche Richtung als es langsam dunkel wird. Noch sind wir alle hellwach, trotzdem ist Tanja die erste, die sich zum Schlafen unter Deck begibt. Wir wollen vermeiden, dass wir später in der Nacht alle gleichzeitig hundemüde werden.
Nachts um ca. 03:00 Uhr – wir fahren die Strecke SB28 – Sport E bereits zum zweiten Mal in Richtung Süden, dreht der Wind früher als geplant auf Südwest. Wir kommen nun sehr langsam voran, weil wir kreuzen müssen und die Welle aus Südwest uns bremst….zweiter kleiner Strategiefehler….Eine Abkürzung können wir hier leider nicht mehr nehmen, also ziehen wir es durch.
Als es bereits wieder hell wird, legt Wolfgang sich zum ersten Mal schlafen. Zu dem Zeitpunkt sind wir gerade mit Schmetterling in Richtung Norden unterwegs…Kaum hat Wolfgang die Augen zugemacht, dreht der Wind erneut und legt ordentlich zu. Wir kommen jetzt wirklich sehr gut voran, auch wenn der Seegang hier etwas unkomfortabel ist.
Wir ändern unseren Kurs auf einen Halbwindkurs und durch geschickte Auswahl der Bojen können wir jetzt bis zum Anlauf der verpflichtenden letzten Boje WV 19 auf Halbwindkursen hin und her segeln. Zwischendrin überlegen wir immer wieder, ob wir noch genügend Zeit haben, um ggfs. noch einen Loop einzubauen. Wie gut, dass wir uns dagegen entscheiden, denn die letzte Bahn zu WV19 zieht sich….auf Grund nachlassender Winde. Das beunruhigt uns aber noch nicht, denn wir sind vermeintlich gut in der Zeit.
Um 16:27 passieren wir die letzte Boje WV 19. Zunächst konnten wir unter strammem Amwindkurs gut nach Süden voran. Doch schon bald (17:07) flaut der Wind durch die Landabdeckung weiter ab und wir können unseren Kurs nicht mehr halten. Wir beginnen zu kreuzen und merken, die viele Zeit, die wir geglaubt hatten zu haben, rennt uns davon. Nur mühselig können wir Richtung Süd Meilen gut machen. Den Zieleinlauf können wir optisch immer noch nicht ausmachen. Die Anspannung steigt und rein rechnerisch erreichen wir das Ziel wohl nicht mehr rechtzeitig, ohne Strafmeilen zu kassieren.
Etwa einen Kilometer vor der Ziellinie frischt der Wind wieder leicht auf und wir geben alles. Wir sind alle unglaublich angespannt und es kommt ein Funken Hoffnung auf, dass wir es noch rechtzeitig durch das Ziel schaffen könnten. Die Kreuzschläge werden kleiner und wir haben die Ziellinie direkt vor Augen. Es sind noch 2 Minuten unseres Zeitfensters für den Einlauf ohne Strafmeilen übrig. Ein echter Krimi :-). 20 Meter vor der äußeren Zieltonne müssen wir noch eine Wende fahren und kreuzen so direkt durchs Ziel. Um 18:29 und 50 Sekunden ertönt die Hupe. Wir haben es geschafft und sind super happy.
Wir bergen die Segel, starten den Motor und fahren Richtung Hafen Medemblik. Was für ein spannendes Rennen. Wir machen im Päckchen neben der MinX fest und lassen den Abend gemütlich ausklingen. Selbstverständlich gehen wir auch noch in die Stadt, um die Stimmung der Festlichkeit aufzunehmen…Ein kleiner Snack und die Abgabe des Regatta-Banners und dann ab in die Koje. Wir sind jetzt doch alle etwas müde.
Zum Ergebnis unserer Regatta: Die angepeilten 100 Seemeilen haben wir knapp unterschritten.
Gewertete Seemeilen: 96,96
Real gesegelte Seemeilen: 111
Platz 38 von 70 Teilnehmern innerhalb der Tocht 2
Wir danken unseren Crewmitgliedern Antje und Dominik für die super Strategieplanung, für die Hilfe bei der kulinarischen Verpflegung, beim Wachbleiben, beim Steuern und für den humoristischen Teil der Reise. Ihr seid klasse.